Niederdeutsche Autoren in Schleswig-Holstein 

Märkenprofesser Willem Wisser
Biographie

Quelle: Jahrbuch für Heimatkunde Eutin 1970 - 1998

Wilhelm Wisser wurde am 27. August 1843 in Klenzau geboren. Sein Vater war Schuhmacher, seine Mutter betrieb eine kleine Hökerei. Er kam als Zweijähriger zu seiner Großmutter ins benachbarte Braak. Von dort stammen seine ersten Märchenerlebnisse. Er besuchte ab 1852 das Gymnasium in Eutin. Das Studium der Altphilologie führte ihn nach Kiel und dann nach Leipzig. Als Dr.phil. war er zunächst Hauslehrer in Rotensande bei Eutin und nach dem Staatsexamen Lehrer für Latein, Griechisch und Deutsch am Eutiner Gymnasium. 1877 erfolgte eine Versetzung an das Mariengymnasium in Jever.

1887 kam er als Oberlehrer zurück nach Eutin, wo er bis 1902 amtieren sollte. Diese Eutiner Zeit wurde für Wilhelm Wissers Werk als Märchenprofessor wohl die entscheidendste. In der 1804 von Georg Anton von Halem gegründeten Literarischen Gesellschaft Eutin hielt er mehrere Vorträge aus seinem Arbeitsgebiet der Volksmärchen im Niederdeutschen. Er begann zu sammeln, aber zuerst erfolglos, bis ihn der Eutiner Pastor Aye 1898 auf die alte Frau Stina Schloer im Dorfe Griebel hinwies. Allein von ihr hörte Wisser 45 Geschichten in ihrem urwüchsigen Charakter  und in unverfälschter Sprache. Jetzt sammelte, sichtete und ordnete er, was im Volke noch erzählt wurde.

Im Alter von 55 Jahren begann er mit dieser Aufgabe, die nun seine Lebensaufgabe wurde und die ihn im wahrsten Sinne des Wortes zum „Märchenprofessor“ machte und zum niederdeutschen Literaten. Zwischen 1898 und 1909 befragte zwischen Fehmarn und Lübeck zielbewusst etwa 230 Männer und Frauen, vorwiegend alte Menschen und ländliche Kätner, die noch alte Geschichten wussten. Als er 1902 als oldenburgischer Beamter aus dem heimatlichen Fürstentum Lübeck in die Residenz an das Gymnasium in Oldenburg i.O. versetzt wurde, nutzte er die Sommer- und Herbstferien in Ostholstein. Ein Standquartier war das Gut Sierhagen bei Neustadt in Holstein, wo ihm Graf Scheel-Plessen Gastfreundschaft gewährte, ein anderes Hotel Kaiserhof in Burg auf Fehmarn. Als seinen bedeutendsten Erzähler erwähnt er den alten Maurer Johann Hünike aus Neustadt, von dem allein 32 Geschichten stammen.

Nach seinem Eintritt in den Ruhestand schloss er die Arbeit ab. 1904 ließ er die als Kindermärchen geeigneten mit Illustrationen seines Oldenburger Freundes Professor  Bernhard Winter unter dem Titel „Wat Grotmoder vertell't“ herausgeben. Den ersten Band für Erwachsene gab er 1913 heraus, ein zweiter Band folgte 1927. Wissers Märchen wurden als selbständiger Band in die von Friedrich von der Leyen und Paul Zaunert herausgegebenen Sammlung „Märchen der Weltliteratur“ aufgenommen und fanden damit internationale Anerkennung. Er war mit seiner Begabung zu erzählen stets ein glänzender Gesellschafter. Wegen seiner Gradlinigkeit hatte er aber auch Feinde. Einen heftigen Streit führte er mit dem Hamburger Sprachwissenschaftler Prof. Borchling  in der Zeitschrift „Niedersachsen“ um die niederdeutsche Orthographie. Ein Faksimile als Beispiel.
Professor Dr. Wilhelm Wisser verstarb am 13. Oktober 1935 in Oldenburg/ Oldenburg. Sein Grab ist auf dem Eutiner Friedhof. An seine Jugend in Braak erinnert als architektonisches Baudenkmal die restaurierte Wilhelm-Wisser-Kate. Eine Gedenktafel am Haus Albert-Mahlstedt-Straße 37 zeigt: „In dit Hus hett de Märchenprofessor Wilhelm Wisser waant, as he vun 1887 bet 1902 in Eutin Schoolmeister an de hoge School weer.“ Am Rosengarten in Eutin steht eine Plastik von einer Zentralfigur der Märchen des „Dummhans“.
 

 

Literaturöversich’

[ 1 ] Wat Grotmoder vertell’t; Märchen für Kinder; 3 Bände; 
Erscheinungsjahr: 1904;  antiquarisch

[ 2 ] Plattdeutsche Volksmärchen I; Wisser, Wilhelm; Erscheinungsjahr: 1913; antiquarisch

[ 3 ] Plattdeutsche Volksmärchen; Wisser, Wilhelm; aus der von Friedrich von der Leyen und  Paul Zaunert herausgegebene Reihe „Märchen der Weltliteratur“; 
 Erscheinungsjahr: 1914; Eugen Diederichs Verlag, Jena; antiquarisch

[ 4 ] Plattdeutsche Volksmärchen II; Wisser, Wilhelm; Erscheinungsjahr: 1927; antiquarisch

[ 5 ] Moderspraak-Book; Heitmann, Hans + Wisser, Wilhelm + Andersen, Jep N.; 
Christiansen, Georg, Verlag; ISBN 3-922620-51-5; DM 3.60

[ 6 ] Plattdeutsche Volksmärchen I; Wisser, Wilhelm; Edition Fehrs-Gilde im Wachholtz  Verlag; Erscheinungsjahr: 1979; ISBN 3-529-04762-7; DM 25.00

[ 7 ] Plattdeutsche Volksmärchen II; Wisser, Wilhelm; Edition Fehrs-Gilde im Wachholtz  Verlag; Erscheinungsjahr: 1979; ISBN 3-529-04763-5; DM 25.00

[ 8 ] Wat Grotmoder vertell’t I; Wisser, Wilhelm; Edition Fehrs-Gilde im Wachholtz Verlag; 
 Erscheinungsjahr: 1979; ISBN 3-529-04764-3; DM 7.00

[ 9 ] Wat Grotmoder vertell’t II; Wisser, Wilhelm; Edition Fehrs-Gilde im Wachholtz Verlag;  Erscheinungsjahr: 1979; ISBN 3-529-04765-1; DM 7.00

[ 10 ] Wisser - Plattdütsch Vertell’n; Rönnpag, Otto; Geschichten aus den Eutiner Klennern';    Struve's, G., Buchdruckerei und Verlag; ISBN 3-923457-03-0; DM 14.00

[ 11 ] Wilhelm Wisser, Wat Grotmoder vertellt. Die schönsten Geschichten vom Märchenprof. 11,5 x 17,5 cm, 160 Seiten, gebunden; Diederichs Verlag 1980 ISBN 3424005916 u.a.

[ 12 ] Plattdeutsche Märchen. Ernst Christ liest Wilhelm Wisser. Antiquarisch bei amazon.
Eine Hör-CD mit Geschichten des Märchenprofessors.

platt.htm

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